Ein Beitrag von Reinhold Jost, Minister für Umwelt und Verbraucherschutz des Saarlandes.
Sehr geehrte Jägerinnen und Jäger,
spätestens seit 2014 wissen wir, dass die im Jahr 2007 in Georgien erstmals aufgetretene Afrikanische Schweinepest (ASP) nicht vor den Toren Europas halt macht und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bald im Saarland auftreten wird.
Die Infektion, die enorme Leiden für die befallenen Tiere mit sich bringt, dringt aus Osteuropa in Richtung Westen vor – nicht zuletzt über den Transitweg in Form infizierter Lebensmittel oder kontaminierter Fahrzeuge. Die Krankheit ist für Menschen ungefährlich, aber bei Tieren unheilbar. Einen Impfstoff gibt es derzeit nicht. Vor diesem Hintergrund müssen gemeinsam alle Anstrengungen unternommen werden, um einen Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in unserer Region zu verhindern oder bei einem Ausbruch diese zumindest einzudämmen.
Die Klassische Schweinepest (KSP) und die Afrikanische Schweinepest sind hoch ansteckende anzeigepflichtige Viruserkrankungen mit seuchenhaftem Verlauf, die ausschließlich Haus- und Wildschweine befallen. Fakt ist, die ASP ist nicht zu vergleichen mit der Klassischen Schweinepest.
Leidtragende werden zunächst die Jäger und Landwirte, in der logischen Folge aber auch die Verbraucher sein. Insbesondere für die Schweinefleischproduzenten, deren Produktion auf den Export ausgerichtet ist, stellt der Ausbruch der Seuche eine sehr große wirtschaftliche Gefahr dar. Zu befürchten sind massive und existenzbedrohende Auswirkungen. Auch der Absatzmarkt für Wildbret vom Schwarzwild könnte noch stärker belastet werden als es bereits jetzt der Fall ist. Vor diesem Hintergrund erklärt sich der hohe Stellenwert, den die Politik diesem Thema einräumt.

Welche Rolle fällt den Jägern zu?
Bei allen Überlegungen zur ASP wird zwischen den prophylaktischen Maßnahmen und den Maßnahmen unterschieden, die in Kraft treten, wenn die Seuche im Saarland ausgebrochen ist.
Im Rahmen des vorbeugenden Schutzes fällt den Jägern die wichtigste Rolle zu. Notwendige Maßnahmen sind vor allem:
- Reduktion des Schwarzwildbestands, die nicht nur allein zur Vorbeugung des Ausbruchs der ASP dient, sondern auch die hohe Anzahl an Wildschäden in der Landwirtschaft eindämmen kann.
- Erhöhte Achtsamkeit und auffällige Vorfälle aufmerksam verfolgen, sodass eine fahrlässige Einschleppung der Seuche verhindert werden kann. Dazu gehört, dass jedes krankheitsverdächtige Wildschwein, tot aufgefunden oder erlegt, zur Beprobung zum Landesamt für Verbraucherschutz (LAV) gebracht wird. Sollte der Abtransport der sogenannten „Indikator-Tiere“ zu umständlich sein, reicht ggf. eine Probe, die gemäß dem Merkblatt des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz entnommen und abgegeben werden soll. Für die Abgabe von Indikator-Tierproben wird eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 50 Euro gewährt.
- Über Smartphone können an das LAV mithilfe der Tierfund-App zusätzlich die genauen geografischen Koordinaten des Fundortes der eingelieferten Probe mitgeteilt werden (www.tierfund-kataster.de).
Zudem wurden weitere situationsbedingte Maßnahmen eingeleitet:
- Finanzielle Unterstützung zur Durchführung von revierübergreifenden Jagden in Höhe von 200 Euro je Jagdrevier, das mit einer Flächengröße von mindestens 75 ha teilnimmt.
- Aufwandsentschädigung für jedes erlegte Stück, beispielsweise durch Zahlung je erlegtem Stück direkt an den Jagdausübungsberechtigten; darüber hinaus wird gerade durch das Ministerium geprüft, ob es möglich ist, anstelle der Aufwandsentschädigung für die Erlegung von Schwarzwild, auf die Erhebung der Gebühr zur Trichinenbeprobung zu verzichten.
- Verbesserung der Möglichkeiten bei der Einzeljagd durch Optimierung der Wirkung von Kirrungen.
- Erleichterung der Organisation von Drückjagden durch Schulungsmaßnahmen und wenn möglich der öffentlichen Stellen für Straßensperrungen während einer Jagd.
- Unterstützung der auf Bundesebene geführten Diskussion zum Einsatz von Nachtzieltechnik.
Die Vorbereitung dieser Maßnahmen im Einzelnen fand und findet unter aktiver Mitwirkung der Vereinigung der Jäger des Saarlandes statt. Viele Gespräche wurden dafür im Vorfeld geführt. Nur durch diese vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Jägern war es möglich, Maßnahmen festzulegen, die praxisgerecht und effektiv sind. Ich bin der organisierten Jägerschaft sehr dankbar dafür, dass sie an unseren Überlegungen so aktiv und produktiv mitwirken.
Im Sinne dieser Zusammenarbeit hat mein Haus beispielsweise spontan die Bitte der Jägerschaft umgesetzt, die Hundeführer finanziell zu unterstützen, sollten sie infolge der Übertragung der Aujeszky´schen Krankheit, die bei einem Kontakt des Hundes mit Schwarzwild ausbrechen kann, ihren Jagdhund verlieren.
Im Falle der Afrikanischen Schweinepest gilt: Je früher ein möglicher Eintrag des Virus in die Wildschweinpopulation festgestellt werden kann, desto schneller und wirksamer können Eindämmungsmaßnahmen eingeleitet werden.
Für die Probenentnahme stellt das Landesamt Proben-Sets mit dem nötigen Entnahmematerial und einer Anleitung zur Probenentnahme kostenfrei zur Verfügung. Die Sets sind im LAV, bei den Dienststellen des Saarforstes und bei den Hegeringleitern erhältlich. Weitere Informationen hierzu finden Sie im gemeinsamen Merkblatt des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz und des Landesamtes für Verbraucherschutz zur „Klassischen und Afrikanischen Schweinepest“ auf den Internetseiten des Ministeriums: www.umwelt.saarland.de
Einige von Ihnen können sich unter Umständen noch an den Ausbruch der Klassischen Schweinepest im Jahr 2003 zurückerinnern. Mit großer Sicherheit muss davon ausgegangen werden, dass in einem Fall des Ausbruchs der ASP-Seuche, sich diese sehr viel länger in unserem Wildschweinbestand halten wird als das bei der KSP im Jahr 2003 der Fall war. Das zeigen die bereits gemachten Erfahrungen in den baltischen Staaten.
Insbesondere die hohe Schwarzwildpopulation begünstigt eine rasante Ausbreitung der ASP. Oftmals werden Jäger für die hohe Populationsdichte verantwortlich gemacht. Ich bin jedoch dagegen, die Jägerinnen und Jäger im Saarland zum „Sündenbock“ für die Dinge zu machen, die sie nicht zu verantworten haben.
Als eine Ursache für die hohe Schwarzwildpopulation ist unter anderem der seit Jahrzehnten sich stetig erhöhende Stickstoffeintrag in die Luft zu nennen. Dieser begünstigt die Buchen- und Eichenmast. Der Düngereintrag aus der Luft beträgt im Saarland etwa 35 kg/ha/Jahr. Die jährliche Eichen- und Buchenmast fördert die Wachstumsgeschwindigkeit und die Kondition der Wildschweine enorm. In früheren Zeiten gab es etwa alle sieben Jahre ein solches Mastjahr.
Auch das Klima steht auf der Seite des Schwarzwildes. Milde Winter beeinflussen entscheidend die ganzjährige Verfügbarkeit des Nahrungsangebotes, da der Boden vom Schwarzwild jederzeit aufgebrochen werden kann, um an Nahrung zu gelangen.
Die Flächennutzung in unserer Feldflur begünstigt das Anwachsen der Population ebenso. Ebenso wirkt sich die Ausdehnung des Maisanbaus positiv auf die Entwicklung der Schwarzwildpopulation aus. Die Anbauflächen für Raps sind ebenfalls angestiegen. Das Angebot an Futter steigt damit um ein Vielfaches.
Die Wildschweine fühlen sich in dieser veränderten Umwelt sehr wohl. Mit effizienten Ausweichstrategien setzen sie das vermehrte Angebot an Nahrung und Einständen in gute Kondition und folglich in Vermehrung um.
Für die Veterinär- und Jagdbehörden sind Sie, die Jägerinnen und Jäger, die Augen und Ohren in der freien Landschaft und im Wald. Gemeinsam kann es uns gelingen, die große Gefahr der ASP zu bannen oder zumindest einzudämmen. Wir stehen alle vor einer riesigen Herausforderung, die uns noch viel an Arbeit und Umsetzung von konkreten Maßnahmen abverlangen wird. Wenn wir weiter so gut und vertrauensvoll wie bisher zusammen arbeiten, können wir erfolgreich sein.
Reinhold Jost